TAGWERK 27
Hinterlassen Sie Spuren!
Es war ein eindrücklicher Appell, den Christian Skrodzki zum Ende seines Vortrags am 27. Juni 2024 in der Filmburg in den Saal hinausrief: „Ihre Kinder und Enkel werden Sie nicht weniger lieben, wenn Sie einen kleinen Teil Ihres Vermögens nehmen und gemeinsam mit anderen in Ihrer Heimat etwas Bleibendes gestalten! Hinterlassen Sie Spuren, gestalten Sie etwas, das für immer mit Ihrem Engagement verbunden sein wird!“
Kick-Off Veranstaltungin der Filmburg
am 27.06.2024
30 Minuten lang hatte der Leutkircher Unternehmer und Genossenschaftsexperte im Schnelldurchlauf durch seine Projekte geführt, hatte Herausforderungen beschrieben, Lösungen skizziert und immer wieder vor Augen geführt: „Was einer alleine nicht schafft – das schaffen viele gemeinsam!“
Christian Skrodzki, 57, hat in Leutkirch das zum Erfolg geführt, was vielerorts nicht gelingen mag: Menschen zusammenbringen, gemeinsam anpacken und Großes schaffen! Vor allem aber ist ihm etwas geglückt, das vielleicht noch viel größer ist, als die sichtbaren Ergebnisse. Aber dazu später mehr.
Wer Leutkirch nicht kennt, fährt von Marktoberdorf aus ziemlich genau 50 km nach Westen und entdeckt eine Stadt, die in vielerlei Hinsicht unserem Marktoberdorf nicht unähnlich ist: ca. 23.000 Einwohner, Kernstadt mit 8 Ortsteilen, Kreisstadt und dabei weniger touristisch attraktiv als die weiter südlich gelegenen Städte Isny und Wangen.
Leutkircher Bürgerbahnhof
Reisende begrüßte in Leutkirch jahrzehntelang ein riesiges Bahnhofsgebäude aus dem 19. Jahrhundert, brachliegend, auf seinen Abriss wartend. Zu präsent, um es zu ignorieren, aber auch zu groß, um es einfach zu sanieren. Im Besitz der Stadt Leutkirch, Ballast und Stachel, Ausdruck eines tief brummenden
Skrodzki war Mitglied des Stadtrates, ein „Zugereister“ wie er sagt, Unternehmer und Kreativer und er entwickelt in 2005 bereits ein Konzept, das den alten Bahnhof wiederbeleben soll mit Gastronomie, Büros und Veranstaltungsflächen. Aber, er dringt nicht durch. Jahrelang kämpft er im Stadtrat für seine Vision und nimmt dann einen ganz neuen Anlauf.
Was einer alleine nicht schafft
– das schaffen viele gemeinsam!
Er und seine Mitstreiter werben bei den Bürgern selbst für das Konzept, sammeln Interessensbekundungen und Investitionszusagen ein und schaffen es, innerhalb kürzester Zeit über 1 Mio. Euro Startkapital für eine Genossenschaft zu akquirieren. Anfangs wird noch mit einer Dividende geworben, bis das Team versteht, dass die Menschen sich nicht von der Aussicht auf finanziellen Erfolg fürs Mitmachen gewinnen lassen: Es ist das gemeinsame Schaffen selbst, das Gestalten der Heimat und die Teilhabe an einem sichtbaren Erfolgsprojekt, das die Bürgerinnen und Bürger begeistert.
Entgegen allen Erwartungen sind es auch nicht die großen Summen, die den Ausschlag geben. Es sind insgesamt 650 Genossen, die sich beteiligen. Ganz normale Bürger, die im Schnitt weniger als 2.000 Euro pro Person investieren.
Der Bahnhof steht und begrüßt stolz die Reisenden, Förderungen sind geflossen und Preise gewonnen, die Gastronomie floriert, die Büros sind vermietet und im Eingang des Gebäudes zeugt eine Steintafel mit den Namen aller Genossen von der unbändigen Schaffenskraft der Gemeinschaft.
Auf das erste erfolgreiche Projekt folgt mit der Genussmanufaktur in Urlau kurz darauf ein weiteres und es schließt sich der Kreis zu Marktoberdorf, denn dieser genossenschaftlich organisierte Handwerkerhof mit Erlebnisgastronomie in den Gebäuden einer früheren Brauerei dient als direktes Beispiel und Vorbild für unser Marktoberdorfer Tagwerk 27.
Christian Skrodzki
Der Hof, der zum Tagwerk 27 werden soll, ist Teil des großen Emmy-Fendt-Areals im Herzen Marktoberdorfs und würden dort nicht seit Kurzem zwei große rote Banner zum Mitmachen animieren, man könnte den Hof trotz seiner exponierten Lage fast übersehen, so blass und traurig steht er da.
Florian Stowasser mag das schon lange nicht mehr ertragen und vor allem sieht er seit Jahren das Potenzial einer Gastronomie mit Biergarten bei gleichzeitigen Flächen für Schauhandwerk und Ferienwohnungen. Eine zentrale Anlaufstelle für die Marktoberdorfer selbst, aber eben auch ein wunderbarer, ganzjähriger Ausflugsort für die Touristen der Region – und das sogar bei schlechtem Wetter!
Er stellt sein Konzept für das Areal in 2022 dem Masrktoberdorfer Stadtrat vor, aber außer viel Wohlwollen und trotz breiter Unterstützung nimmt er wenig mit nach Hause: Zu groß sind die Summen und die Stadt ist zu wenig Unternehmer, als dass sie selbst tätig werden könnte. Er wirbt bei Investoren, er sammelt Mitstreiter, aber es will nicht so recht vorwärtsgehen.
Florian Stowasser
Florian Stowasser ist unser Marktoberdorfer Christian Skrodzki. Und wer die beiden persönlich kennt, wird dabei schmunzeln müssen, so unterschiedlich sind sich die beiden Macher in Ihrem Auftreten.
Den wenigsten Marktoberdorfern wird sein Name bekannt sein und doch sind die Orte, die der gelernte Veranstaltungskaufmann Florian Stowasser seit 2015 erdacht und erfolgreich gestaltet hat, den Allermeisten ein Begriff und fester Bestandteil unserer lebendigen Stadt.
Christian Skrodzki und Florian Stowasser
Stowasser ist Mitte Vierzig, gebürtiger Marktoberdorfer, Familienmensch, Vater zweier Kinder und seit 2015 zurück aus München, um seine Heimat aktiv zu gestalten. Immer im Team, immer im Hintergrund, immer Herzensprojekte – eine Kombination, die man bei visionären Unternehmern relativ selten antrifft und die doch vielleicht auch gerade das Geheimrezept seines bisherigen Erfolgs ist. Stowasser erdenkt und stößt an, bindet Spezialisten ein und passt seine Ursprungspläne an, überlässt Anderen die Bühne und hält ihnen gleichzeitig den Rücken frei.
So ist 2015 der „Klette am Ette“ entstanden und so ist auch das „Konterkaffee“ ein Jahr später ins Leben gerufen worden.
Beide bereichern seitdem unsere Stadt: Über 15.000 Besucher, mehrheitlich aus Marktoberdorf selbst und der direkten Umgebung, prüfen jedes Jahr Mut und Muskeln an den Seilen und Hindernissen in luftiger Höhe, direkt am Ettwieser Weiher. Und das „Konter“ ist längst Inbegriff für ein geselliges Zusammensein bei ausgefallenen Drinks, Events und Ausstellungen.
Florian Stowasser und Christian Skrodzki lernen sich über die „Heimatunternehmer Bayern“ kennen, eine vom bayerischen Staat geförderte Plattform und Auszeichnung für außergewöhnliches Engagement, gerade auch im ländlichen Bereich. Und Stowasser entdeckt die Genossenschaft als Basis für das breite finanzielle Engagement der Bürger für ihre Herzensprojekte in der eigenen Heimat.
So wird das Tagwerk 27 als Marktoberdorfer Genossenschaft konzipiert und abermals hat Stowasser eine Mannschaft unterschiedlichster Charaktere und Berufungen organisiert, um das Projekt zum Erfolg zu führen.
Die Pioniersarbeit hat Skrodzki übernommen, das Konzept ist erprobt und erfolgreich, und Skrodzki selbst ist fest davon überzeugt, dass auch in Marktoberdorf
Klette am Ette
gelingen wird, was in Leutkirch umgesetzt wurde: Bürger engagieren sich gemeinsam für und in ihrer Heimatstadt.
„Hinterlassen Sie Spuren!“ ist das Mantra und am Ende doch nur der Startpunkt eines viel größeren Erfolgs als die bloße Sanierung alter Häuser. Denn eines hat sich durch die Verbindung der Bürger in der Genossenschaft in Leutkirch auch noch verändert: Die Haltung und das Bewusstsein. Dass wir als Bürger eben weder zu klein noch zu arm oder zu wenige wären. Aus der lamentierenden Passivität wird eine dauerhaft anpackende Aktivität, aus Ideen werden Realitäten, aus Problemen werden Herausforderungen, aus jedem einzelnen Bürger wird eine Gemeinschaft der Genossen und Macher.
Marktoberdorf steht genau dafür und deshalb wird auch das Tagwerk 27 gelingen. Es ist eine Vision, die aus der Gemeinschaft der Genossinnen und Genossen weiter angepasst und verbessert werden wird. Ein Großprojekt im Herzen einer Stadt, die wächst und gedeiht!
Einer Stadt, die jedes Jahr wieder über das Engagement der Bürgerinnen und Bürger seinen Gaudiwurm und Fasching rockt. Einer Stadt, die für Musik und Chöre, Kirchen, Toyrun, Sternenbummel, Sportfeste, Feuerwehren und noch so viel mehr steht. Einer Stadt, die zusammenhält, gemeinsam hilft und anpackt.
Konter Kaffee
Und so braucht’s im ersten Schritt nur Stift und Papier. Es fließt noch kein Geld.
Die Interessensbekundung befindet sich im Prospekt, der direkt am Gebäude in einem Kasten mitgenommen werden kann. Aber auch auf der Webseite finden Sie das Dokument als Download.
Erst dann, wenn ausreichend Bürgerinnen und Bürger sich begeistern lassen, wird die Genossenschaft gegründet und es geht los!
[Text: Robert Herbst]
Alle Informationen, Termine und Dokumente
finden Sie auf der Webseite des Tagwerks 27. Auch
ein aktueller Stand der Summe der Interessensbekundungen
wird regelmäßig bereitgestellt.